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Frage 163:

Ist es wahr, dass der Vatikan [gemeint ist wohl: die Sankt Petrus Basilika in Rom] auf dem Grab des Apostels Petrus gegründet wurde? Wusste man Bescheid, wo sein Grab liegt?

 

Antwort:

Am Fuße des hügeligen, Vaticanum genannten Gebiets jenseits des nordwestlicher Tiberufers, außerhalb der antiken Stadt Rom, besaßen die Kaiser Caligula und Nero Gartenanlagen, wohl eine Villa, zu der auch ein Circus gehörte. Zwei Überlandstraßen, die Via Cornelia und die Via Triumphalis, führten, Rom verlassend, über den pons Neronis (die Nerobrücke) durch dieses Gebiet nach Südetrurien. Wie üblich wurden diese Straßen außerhalb der Stadt von Friedhöfen gesäumt, von denen verschiedenen Areale auf dem Gebiet des heutigen Vatikanstaates aufgedeckt wurden. Eine Inschrift an einem Grabbau des frühen 2. Jahrhunderts der Nekropole, die in den Jahren 1940-49 unter Sankt Peter teilweise freigelegt wurde, besagt, dass dieses Grab iuxta circum Neronis (neben dem Circus des Nero) erbaut wurde. Die Lage dieses Circus ist durch die Grabungen der letzten Jahrzehnte und durch den ursprünglichen Standort des Obelisken unmittelbar südlich der heutigen Basilika, der im Jahr 1587 von dort auf den Petersplatz versetzt wurde, bekannt: Der Circus befand sich am Fuß des Vatikanischen Hügels, etwa 600 m lang, von West nach Ost sich erstreckend, und annähernd parallel zur heutigen Petersbasilika ausgerichtet, die seinen nördlichen Teil überbaut. In dieser Anlage scheinen nach den römischen Historiker Tacitus um die Jahre 64-67 in einer Verfolgungsmaßnahme zahlreiche Christen hingerichtet worden zu sein. Die Nennung des Petrus als römischen Martyrer im Brief des Klemens and die Korinther (1 Clem. 1, 5-6) und in anderen Quellen belegen die Überlieferung vom Martyrertod Petrus’ in Rom vom Ende des ersten Jahrhunderts an, der somit eine hohe historische Wahrscheinlichkeit besitzt.

 

Bei der Herrichtung des Grabes Pius’ XI. in den Grotten von St. Peter kamen 1939 antike Mauern zum Vorschein. Die eingehenden archäologischen Forschungen und Diskussionen haben ergeben, dass an der Stelle, an der heute das Petrusgrab verehrt wird, es seit der Mitte des 2. Jahrhunderts eine ungebrochene Tradition der Verehrung des Petrusgrabes, also eine Petrusgedenkstätte (Ädikula) gegeben hat. Dies veranlasste Kaiser Konstantin bald nach 320 diese Gedenkstätte zum kultischen Mittelpunkt der dem Apostelfürsten errichteten Basilika zu machen. In der Tradition der christlichen Gemeinde Roms hat es von der Mitte des 2. Jahrhunderts an bis in die konstantinische Zeit die ständig unterhaltene und verehrte Gedenkstätte für Petrus (die Petrus Memoria) gegeben.

 

Ob sich das ursprüngliche Grab des Apostel jedoch auch wirklich an eben dieser Stelle unter der Memoria befand, muss nicht nur aufgrund des archäologischen Befunds zweifelhaft bleiben, urteilt Hugo Brandenburg in seinem eingehende wissenschaftlichen Beitrag: ‚Petrusgrab’ in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. 8, Sp. 149-153. Jedenfalls aber ist die Memoria Petri (=Gedenkstätte Petri), die in einer seit der Mitte des 2. Jahrhunderts ungebrochenen Tradition der Verehrung bis heute ihre Wirkkraft zeigt, neben dem Grab Christi in der Grabeskirche zu Jerusalem die bedeutendste Memoria der Christenheit und geschichtlich das bedeutendste archäologische Denkmal überhaupt.

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

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