Frage 185:
Der Stammbaum Christi ist in zwei Evangelien unterschiedlich. Welcher ist richtig?
Antwort:
Es handelt sich um die beiden unterschiedlichen Darstellungen des Stammbaums Jesu in Mt 1,1-17 und Lk 3,23-38. Der Stammbaum im Evangelium nach Matthäus beschränkt sich auf die israelitische Abstammung Jesu, wenn er auch außerisraelitische Einflüsse von seiten der Frauen hervorhebt, V. 3.5.6. Er ist von der Absicht geprägt, Jesus mit den Hauptträgern der messianischen Verheißungen, Abraham und David, und mit der davidischen Nachkommenschaft zu verbinden, 2 Sam 7,1+; Jes 7,14+. Der Stammbaum von Lk ist universalistischer und geht bis auf Adam, das Haupt der ganzen Menschheit, zurück und gewinnt so einen stärker universalistischen Charakter als bei Mt. Als Nachkomme Adams und wie er ohne irdischen Vater, 1,35, begründet Jesus ein neues Menschengeschlecht; vielleicht denkt Lukas an den neuen Adam, vgl. Röm 5,12+. Von David bis Josef sind in beiden Listen nur zwei Namen gleich. Die Abweichungen lassen sich dadurch erklären, dass die gesetzliche Abstammung (Gesetz des Levirats, Dtn 25,5+) mit der natürlichen gleichwertig war. Außerdem wird bei Mt der systematische Charakter des Stammbaums durch die Aufteilung der Vorfahren Jesu in drei Gruppen zu zweimal sieben Namen hervorgehoben, vgl. 6,9+; dieses Schema zwingt dazu, zwischen Joram und Usija drei Könige auszulassen und Jechonija, V. 11-12, doppelt zu zählen (dieser eine Name, griechisch Jechonias, kann die Übersetzung von zwei ähnlich lautenden hebräischen Namen, Jojakim und Jojachim, sein) Beide Verzeichnisse enden mit Josef, der nur der gesetzliche Vater Jesu ist; nach der Vorstellung der damaligen Zeit verleiht allein die gesetzliche Vaterschaft (durch Adoption, Levirat usw.) alle Erbrechte, hier die des messianischen Geschlechts. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass auch Maria zu dieser Geschlechterfolge gehörte, doch sprechen die Evangelisten hiervon nicht.