Frage 200:
Jesus sagt öfters „Ihr habt gehört…, aber ich sage euch…“ und somit ändert er viele Aussagen des Alten Testaments. Ist das nicht eine Ablehnung des Alten Testaments?
Antwort:
Jesus Christus war gegenüber der „Überlieferung der Alten“ (Markus 7, 3.5.) kritisch, weil er sah, dass viele Juden und jüdische Lehrer seiner Zeit die Überlieferung der Menschen“ an die Stelle von Gottes Gebot gesetzt haben (Markus 7, 8). Aber Jesus war kein Bilderstürmer, der alles umstürzen wollte. In vielem hielt er sich an die Überlieferung seines Volkes, ja, er schöpfte reichlich aus den heiligen Schriften des so genannten Alten Testaments. An die Stelle der rabbinischen Auslegung setzte er freilich seine eigene: „Ich aber sage euch“ (Matthäus 5, 22 u. a.). Er will sagen: „Was wirkliche und wahre Tradition ist, das sage ich.“ Mehr noch: „Tradition, lebendige und lebenweckende Weitergabe, das bin ich.“ (Katholischer Erwachsenen-Katechismus, S. 51)
Es wäre jedoch ein gravierendes Missverständnis zu meinen, Jesus Christus habe mit seinem Anspruch, die wahre Erklärung des Alten Testaments, ja sein Ziel- und Mittelpunkt zu sein, dazu aufgerufen, das Alte Testament aufzugeben. Zu diesem wichtigen Lehrbereich sagt der Katechismus der Katholischen Kirche:
121 Das Alte Testament ist ein unaufgebbarer Teil der Heiligen Schrift. Seine Bücher sind von Gott inspiriert und behalten dauernden Wert, denn der Alte Bund als solcher ist nie widerrufen worden.
122 ‚Der Heilsplan des Alten Testamentes war vor allem darauf ausgerichtet, die Ankunft Christi, des Erlösers von allem,… vorzubereiten“. Obgleich die Bücher des Alten Testamentes „auch Unvollkommenes und Zeitbedingtes enthalten“, zeugen sie dennoch von der Erziehungskunst der heilschaffenden Liebe Gottes: Sie enthalten „erhabene Lehren über Gott, heilbringende Weisheit über das Leben des Menschen und wunderbare Gebetsschätze“; in ihnen ist „schließlich das Geheimnis unseres Heiles verborgen.“ (Dei Verbum 15)
123 Die Christen verehren das Alte Testament als wahres Wort Gottes. Den Gedanken, das Alte Testament aufzugeben, weil das Neue es hinfällig gemacht habe [Markionismus], wies die Kirche stets entschieden zurück.“
„Schon zur Zeit der Apostel und sodann in ihrer ganzen Überlieferung wurde die Einheit des göttlichen Plans in den beiden Testamenten von der Kirche durch die Typologie verdeutlicht. Diese findet in den Werken Gottes im Alten Bund „Vorformen“ [Typologien] dessen, was Gott dann in der Fülle der Zeit in der Person des menschgewordenen Wortes vollbracht hat.“