Frage 227:
Als die Menschheit über sich und die Welt wenig Information hatte war die Religion ein sehr nützliches Werkzeug. Jetzt werden fast jeden Tag neue Wirklichkeiten, die man bisher nicht kannte, erforscht und erklärt. Wie viele Jahre noch werden die Religionen gelten? Können die Religionen auch dieses Jahrhundert überleben?
Antwort:
Es geht in den Religionen nicht um die Bereitstellung von Informationen über den Menschen und die Welt. Das ist die Aufgabe der Natur- und Humanwissenschaften.
„Religion bezeichnet allgemein (d.h. wenn rein deskriptiv ohne Werturteile alles umfasst werden soll, was sich geschichtlich als Religion anbietet), das Verhältnis des Menschen zum Heiligen, das als subjektive Religion Verehrung, Anbetung ist und sich als objektive Religion verkörpert im Medium des Bekenntnisses, des Wortes, der Handlungen (Gebärden, Tanz, Waschungen, Salbungen, Segnungen, Opfer, Opfermahl) und des Rechts. Dieses Verhältnis ist nur möglich, insofern das Heilige dem Menschen erscheint. Religion aber ist die Antwort des Menschen auf dieses Erscheinen [des Heiligen) und als eine solche dem Verfall ausgesetzt wie alles menschliche und noch mehr als alles übrige Menschenleben, weil nämlich der Mensch in der Religion Anteil gewinnt am Heiligen, damit seine äußerste Möglichkeit ergreift, aber sowohl in der Hingabe an Gott, den alle Heiligketi gehört, wie auch in der Eigenmächtigkeit, in der der Menschen den Namen Gottes missbraucht, sich des Heiligen bemächtigt und darüber verfügt zur bloßen Selbstrechtfertigung.“ (Karl Rahner/Herbert Vorgrimmler, Kleines Theologisches Wörterbuch, Freiburg, Herder, 1961, art. Religion). Wir kommen also durch das Studium der Religionen in Vergangenheit und Gegenwart zur Einsicht in eine Doppeldeutigkeit und eine doppelte Möglichkeit von Religion, die in den konkreten Religionen meist gemischt zusammen realisiert sind. Es gibt daher Verfall und Wiederaufleben von Religionen. Der Untergang der Religionen, oder von einzelnen Religionen, ist wiederholt vorausgesagt worden, allerdings wohl fast immer irrtümlich.