Frage 244:
Das päpstliche Lehramt hat stets den Gebrauch von Kondomen abgelehnt. Jetzt hat der Papst es zugelassen. Ist das nicht ein Rückzieher?
Antwort:
Der oder die Fragende lese zunächst die Antwort auf Frage 107 in Sektion 12 dieser Webseite. Dort wird die geltende Lehre der Kirche zum Gebrauch von empfängnisverhütenden Mitteln dargelegt. Der Katechismus der katholischen Kirche (KKK) legt diese Lehre in nn. 2368-2371 dar.
Bislang vertat die Kirche trotz massiver öffentlicher Kritik die Position, dass auch im Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Immunschwächekrankheit Aids der Einsatz von Präventiven nicht gestattet werden dürfe. Bei seiner Afrikareise am 17. März 2009 hatte Papst Benedikt XVI. eine Zustimmung zur Nutzung von Kondomen abgelehnt. „Ich würde sagen, dass man das Aidsproblem nicht nur mit Geld lösen kann, das zwar auch notwendig ist. Aber wenn die Seele nicht beteiligt ist, wenn die Afrikaner nicht mithelfen (indem sie eigene Verantwortung übernehmen), kann man es mit der Verteilung von Präservativen nicht bewältigen. Im Gegenteil sie vergrößern das Problem. Die Lösung kann nur in einem zweifachen Bemühen gefunden werden: erstens in einer Humanisierung der Sexulität, das heißt in einer spirituellen und menschlichen Erneuerung, die eine neue Verhaltensweise im gegenseitigen Umgang mit sich bringt; und zweitens in einer wahren Freundschaft auch und vor allem zu den Leidenden, in einer Verfügbarkeit, auch mit opfern und persönlichem Verzicht an der Seite der Leidenden zu sein. Das sind die Faktoren, die helfen und sichtbare Fortschritte bringen.“ (Benedikt XVI., Licht der Welt: Der Papst; die Kirche und die Zeichen der Zeit. Freiburg: Herder, 2010, S. 221f). Schon am 14. 2. 2006 hatte Papst Benedikt XVI. zu dieser Frage geäußert: „Eheliche Treue und außereheliche Enthaltsamkeit [sind] die besten Wege, um Infizierung zu vermeiden und die Verbreitung des Virus aufzuhalten. In der Tat stellen die Werte, die dem wahren Verständnis von Ehe und Familienleben entspringen, die einzig sichere Grundlage einer stabilen Gesellschaft dar. (zit. in YOUCAT: Jugendkatechismus der Katholischen Kirche. Aschaffenburg: Pattloch, 2011, S. 225)
Die hier gestellte Frage ergibt sich aus einer Aussage des Benedikts im Interview-Buch Licht der Welt, das Gespräche des Publizisten und Papst Benedikt XVI.–Biographen Peter Seewald mit dem Papst wiedergibt und vom Papst autorisiert wurde. Dort heißt es: „Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann, eine erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIV-Infektion beizukommen. Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen“ (ebd., s. 146f.).
YOUCAT : Jugendkatechismus der Katholischen Kirche (Aschaffenburg: Pattloch, 2011) beantwortet in n. 414 die Frage: „Was sagt die Kirche zum Einsatz von Kondomen bei der Aidsbekämpfung? Folgendermaßen:
„Abgesehen von der Tatsache, dass Kondome keinen absolut sicheren Schutz vor einer Infektion bieten, lehnt die Kirche ihren Einsatz als einseitig mechanisches Mittel zur Bekämpfung der HIV-Epidemien ab. Und setzt vor allem auf eine neue Kultur menschlicher Beziehungen und auf eine Änderung des gesellschaftlichen Bewusstseins.
Nur die gelebte Treue und der Verzicht auf leichtfertige Sexualkontakte schützen nachhaltig vor der Infektion mit HIV and lehren einen ganzheitlichen Umgang mit der Liebe. Der Respekt vor der gleichen Würde von Frauen und Männern, die Sorge um die Gesundheit der Familie, der verantwortungsvolle Umgang mit Triebwünschen und auch der (zeitweilige) Verzicht auf sexueller Vereinigung gehören dazu. In Ländern Afrikas, wo durch breite gesellschaftliche Kampagnen ein solches Verhalten gefördert wurde, konnte die Infektionsrate deutlich gesenkt werden. Darüber hinaus tut die Katholische Kirche alles, um Menschen zu helfen, die von Aids betroffen sind.“