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Frage 261:

Die Frage hat drei Teile:

  1. Gibt es eine allgemein gültige Methode, sich auf das Neue Testament zu beziehen, bzw. die Schriften des Neuen Testamentes zu zitieren, so wie ich mich als Muslim auf den Koran beziehe, bzw. den Koran zitiere? 
  2. Wie bekannt, haben Muslime bestimmte Kriterien, die sie beim Versuch, den Text des Koran zu verstehen, anwenden. Wenn Muslime diese Kriterien bei der Auslegung des Koran anwenden, wird ihr Diskurs von der islamischen Tradition als gültig anerkannt. Ist dies, mutatis mutandis, auch der Fall in der christlichen Tradition?
  3. Nimmt das Neue Testament innerhalb der christlichen Theologie und theologischen Reflektion dieselbe Stelle wie der Koran in der muslimischen Theologie und der muslimisch-theologischen Reflektion? 

 

Antwort:


Gibt es eine allgemein gültige Methode, die mir hilft der der Weise auf das Neue Testament Bezug zu nehmen, bzw. es zu zitieren so wie ich mich als Muslim auf den Koran beziehe, bzw. ihn zitiere?


Die siebenundzwanzig Bücher, die das Neue Testament ausmachen, haben standardisierte Namen und werden in einer feststehenden Anordnung gedruckt.  Jeder Name wird durch eine standardisierte Abkürzung wiedergegeben. Diese Abkürzungen sind jedoch von der einen zur anderen Sprachgruppe unterschiedlich. Das Beste ist, ganz am Anfang einer gedruckten Ausgabe des Neuen Testaments nachzuschauen, wo alle Bücher in der traditionell anerkannten Reihenfolge aufgelistet sind and wo normalerweise auch eine Liste der Abkürzungen der Namen der verschiedenen Schriften des Neuen Testaments geboten wird. Normalerweise werden dort auch Seitenzahlen angegeben um zu zeigen, wo in der Ausgabe, die man in der Hand hält, das bestimmte Buch beginnt. Jedes Buch ist in standardisierte Kapitel and Verse aufgeteilt, so dass eine gegebene Stellenangabe genau bezeichnet und leicht gefunden werden kann. Zum Beispiel: Das Lukasevangelium wird in Englischen als Lk abgekürzt. Auf diese Angabe folgt dann eine Nummer, welche sich auf das Kapitel bezieht und diese Nummer wird gefolgt von einem Doppelpunkt oder einem Komma, der Nummer des Verses. So wird der dreiunddreißigste Vers des siebten Kapitels des Lukasevangeliums, folgenderweise bezeichnet: Lk 7:33 (bzw. Lk7,33). 


Wie bekannt, haben Muslime bestimmte Kriterien, die sie beim Versuch, den Text des Korans zu verstehen. Wenn Muslime diese Kriterien bei unserer Auslegung anwenden, wird unser Diskurs  von der islamischen Tradition als gültig anerkannt. Ist dies, mutatis mutandis, auch der Fall in der christlichen Tradition?

Im Lauf der Jahrhunderte  haben die verschiedenen Teile der christlichen Welt viele Weisen die Heilige Schrift auszulegen entwickelt. So gibt es z.B. philologisch-sprachliche Analyse, allegorische Interpretation oder die genauere Untersuchung der angewandten Stile und literarischen Formen  u.a.m. Jeder seriöse Exeget (Ausleger der Hl. Schrift) muss sich in den in Frage kommenden Sprachen und biblischen Hilfswissenschaften gut auskennen um in der Lage zu sein, einen kompetenten Kommentar zu verfassen, der dann wiederum der kritischen Beurteilung der zahlreichen Fachkollegen ausgesetzt ist. Die Auslegungen der Gelehrten werden von der weitergehenden Forschung revidiert. So fällt auf die Texte immer wieder neues Licht. Einige Kirchen identifizieren einen Grundbestand von ihrer Meinung nach authentischen Auslegungen, auf die sie ihre Mitglieder hinweisen und verpflichten.   

 

Nimmt das Neue Testament innerhalb der christlichen Theologie und christlich-theologischen Reflektion dieselbe Stelle ein wie der Koran in der muslimischen Theologie und muslimisch-theologischen Reflektion? 

 

 

Dies ist eine Frage von großer Bedeutung. Im islamischen System des Glaubens  kommt dem Koran als dem Wort Gottes, das auf das Herz des Propheten herab gesandt wurde (tanzil), eine zentrale Bedeutung zu. Muhammad ist der Empfänger und in keiner Weise der Autor der Heiligen Schrift. Dies verleiht ihr  eine einmalige Autorität als einem in Arabisch verfassten, schriftlichen Nachlass, dem göttliche Autorität eignet. Der christliche Glaube kennt nichts Vergleichbares. Im christlichen System des Glaubens ist der gekreuzigte und auferstandene Jesus von Nazareth selbst, das Wort Gottes und somit die Offenbarung des Wortes Gottes in seiner vollendeten Form. Das Neue Testament enthält Schriften in verschiedenen literarischen Stilen und Formen, die sich herleiten vom Leben und der Lehre Jesu and dem Glauben seiner unmittelbaren Nachfolger: Evangelien, Briefe und Geschichten, zum Beispiel, geschrieben von menschlichen Autoren unter dem Einfluss göttlicher Inspiration, in jeweils verschiedenen Darstellungsformen und gerichtet an verschiedene Adressaten. Die Evangelien, zum Beispiel, sind zu verstehen als Zeugnisse der ersten Generationen von Christen für ihren Glauben an Jesus Christus als ihren Herrn und an seine Lehren und Taten. Die Evangelien sowie die anderen Schriften des Neuen Testaments sind so von großer und zentraler Bedeutung für den christlichen Glauben sowie das christliche Denken und Handeln, aber es kommt den Schriften des Neuen Testaments im Gesamt des christlichen Glaubens nicht dieselbe Stellung zu wie dem Koran im islamischen Glauben, Denken und Handeln.  Der Bedeutung des Koran im Islam entspricht, strukturell gesehen, im Christentum die der Person des gekreuzigten und auferstanden Messias, der Herrn Jesus. 

 

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

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