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Frage 73:

Es gibt ein Widerspruch zwischen folgenden zwei Versen im Alten Testament: “Er bewahrt Tausenden Huld, nimmt Schuld, Frevel und Sünde weg, lässt aber (den Sünder) nicht ungestraft; er verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation (Exodus 34,7)“ und „Die Väter sollen nicht für ihre Söhne und die Söhne nicht für ihre Väter mit dem Tod bestraft werden, sondern jeder soll nur für sein eigenes Verbrechen sterben (2 Chronik 25,4)“ Können Sie diesen Widerspruch erklären?

 

Antwort:

Vielleicht die wichtigste unter den Belegstellen im Alten Testament für die Lehre von Gottes Vergebung und Bestrafung ist Deuteronomium 5, 7-10, Teil des Textes, der die Zehn Gebote (d.h. den Dekalog) formuliert:

 

„Du sollst neben mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Gottesbildnis machen, das irgendetwas darstellt am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott: Bei denen, die mir Feind sind, verfolge ich die Schuld der Väter an den Söhnen und an der dritten und vierten Generation; bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich Tausenden meine Huld.“

 

Dasselbe Buch Deuteronomium kommt in 7, 9-11 noch einmal auf das gleiche Thema zurück:

 

„Daran sollst du erkennen: Jahwe, dein Gott, ist der Gott; er ist der treue Gott; noch nach tausend Generationen achtet er auf den Bund und erweist denen seine Huld, die ihn lieben und auf seine Gebote achten. Denen aber, die ihm Feind sind, vergilt er sofort und tilgt einen jeden aus; er zögert nicht, wenn einer ihm Feind ist, sondern vergilt ihm sofort. Deshalb sollst du auf das Gebot achten, auf die Gesetze und Rechtsvorschriften, auf die ich dich heute verpflichte, und du sollst sie halten.“

 

Dazu kommt der oben unvollständig zitierte Text über die Gotteserscheinung, die Moses erlebt. Exodus 34, 6-9:

 

„Der Herr ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue: Er bewahrt Tausenden Huld, nimmt Schuld und Frevel und Sünde weg, lässt aber (den Sünder) nicht ungestraft; er verfolgt die Schuld der Väter an den Söhnen und Enkeln, an der dritten und vierten Generation. Sofort verneigte sich Mose bis zur Erde und warf sich zu Boden. Er sagte: Wenn ich deine Gnade gefunden habe, mein Herr, dann ziehe doch mein Herr mit uns. Es ist zwar ein störrisches Volk, doch vergib uns unsere Schuld und Sünde, und lass uns dein Eigentum sein.“

 

Deut 7, 10 macht klar, dass Gott bei der Strafe immer dem Einzelnen vergilt und zwar sofort. Dagegen belohnt er die, die ihn lieben „noch nach tausend Generationen“ (siehe oben Deut 7, 9 und auch Exodus 34, 7). Die Verfolgung der Schuld der Väter an den Söhnen bis zur vierten Generation widerspricht dem nicht, denn es handelt sich um die alte Vorstellung, die in unverändert erhaltenen patriarchalischen Gesellschaften noch heute lebendig ist, dass jeweils vier Generationen eine Großfamilie ausmachen. Das Haupt der Sippe und die Sippe, die vier Generationen umfasst, werden als eine Einheit aufgefasst, eine Großfamilie. Großfamilie in diesem Sinn und Haupt der Großfamilie bilden bzw. bildeten im Denken und Verstehen der Menschen solcher Gesellschaften eine Einheit, die als solche verantwortlich ist vor Gott. Die oben zitierte Stelle 2 Chronik 25, 4 entspricht genau der chronologisch wohl früheren Stelle Deuteronomium 24, 16. Die sich zu widersprechen scheinenden Textstellen gehören also zum gleichen Buch Deuteronomium und wurden somit nicht so verstanden, dass sie sich widersprechen würden.Kapitel 18 des Buches des Propheten Ezechiel widmet sich unabhängig von dem genannten Traditionsstrang ganz der Frage der persönlichen Verantwortung. Man lese das ganze Kapitel, besonders aber Ezechiel 18, 4 und 18, 19-23. Der Prophet wandte sich in den Aussagen des 18. Kapitels seines Buches gegen ein mögliches Missverständnis von Deuteronomium 5, 9 und Exodus 34, 7.

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

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