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Frage 88:

Warum verflucht Jesus den Feigenbaum? Was ist die Schuld eines einfachen Baumes?

 

Antwort:

Die Antwort umfasst zwei Schritte:

 

1. Die Bedeutung symbolischer Handlungen bei den Propheten.

Bereits die alten Propheten der Bibel wie Samuel, 1 Samuel 15,27-28, Ahija von Schilo, 1Kön 11,29-39 (oder der falsche Prophet Zidkija, 1 Kön 22,11-12), vollzogen bei ihrer Verkündigung symbolische Handlungen, nicht so sehr um ihre Hörer stärker zu beeindrucken, sondern wegen der Wirkmächtigkeit dieser Zeichen: Es entsteht ein realer Zusammenhang zwischen der Zeichenhandlung und der Wirklichkeit, die sie bezeichnet, so dass die angekündigte Wirklichkeit jetzt ebenso unwiderruflich wird wie die vollzogenen Zeichenhandlung. Dieses Verfahren findet sich praktisch bei all den großen Propheten des Alten Testamentes wieder: bei Hosea z.B., dessen ganze Sendung von einer sinnbildlichen Handlung geprägt wird, die das Schicksal seines Lebens bestimmt, Hos 1-3; seltener bei Jesaja, vgl. jedoch Jes 20 und die Symbolnamen, die er seinen Kindern gibt, Jes 7,3 (vgl. 10,21); 8,1-4; 8,18). Jeremija vollzieht oder deutet zahlreiche sinnbildliche Handlungen und Vorgänge; auch Ezechiel vollzieht symbolische Handlungen. Wie Hosea deutet er seine eigenen Prüfungen als sinnbildliche Geschehnisse. Zeichenhandlungen kommen auch im Neuen Testament vor, so eben auch der von Jesus verfluchte Feigenbaum, Mt 21,18-19/Mk 11, 12-14.20-24.

 

2. Die Erzählung von der Verfluchung des Feigenbaumes durch Jesus.

Wie die Propheten der Vergangenheit vollzieht Jesus hier eine Zeichenhandlung, in welcher der Feigenbaum das unfruchtbare und darum bestrafte Israel darstellt. Der Feigenbaum gedeiht bei genügender Bewässerung und etwaiger Düngung auch auf kargem, steinigen Boden; daher ist ein unfruchtbarer Feigenbaum ein berechtigtes Ärgernis. Natürlich geht es hier nicht darum, einen Baum zu verfluchen, so als wäre er ein mit freiem Willen ausgestattetes Wesen. Es geht auch nicht darum, die Menschen zu tadeln, die den Baum möglicherweise nicht genügend gut behandelt haben. Vielmehr geht es hier wie bei allen Zeichenhandlungen um den Sinn des Zeichens. Dieser hat es zu tun mit dem Fehlen an wahrem Glaube bei den Zuhörern Jesu. Der Text im Matthäusevangelium zeigt Jesus in strafender Strenge.

 

Die Lektüre der Parallelstelle im Markusevangelium (11,12-14.20-24) zeigt, wie diese Episode vom Autor des Markusevangeliums nachträglich in einen ihm wohl vorgegebenen Zusammenhang eingefügt wurde, und zwar in zwei Stufen: zuerst die Verfluchung, dann die Verdorrung – ein späterer Zusatz, der aus dem so ergangenen Fluch eine Lehre über die Wirksamkeit des gläubigen Gebets herauslesen wollte.

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

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