Frage 74:
Ist die Betrunkenheit eine Sünde? Wenn ja, wie kann das Christentum etwas, was Betrunkenheit verursacht (Wein), im Gebet verwenden und noch dazu im Namen Gottes?
Antwort:
Wein hat in der Bibel eine sehr große Bedeutung. Wie sehr der Wein geschätzt wurde, geht daraus hervor, dass nach biblischer Überleiferung Noah, der Stammvater der erneuten Menschheit, “einen Weinberg anlegte” (Genesis 9, 20). Der Wein wird gepriesen (Richter 9, 13; Ps 104, 15); es wird aber auch vor übermäßigem Weingenuss gewarnt (Jesaja 5, 11f.; Amos 6, 6; Sprichwörter 20, 1; 23, 31ff.; Sirach 19, 2; Epheser 5, 18; 1 Tim 3, 3. 8.; 1 Petrus 4, 3).
Zitiert sei der treffende Abschnitt auf dem Buch Jesu Sirach (31, 25-31):
“Auch beim Wein spiele nicht den starken Mann! Schon viele hat der Rebensaft zu Fall gebracht. Wie der Ofen das Werk des Schmiedes prüft, so ist der Wein eine Probe für die Zuchtlosen. Wie ein Lebenswasser ist der Wein für den Menschen, wenn er ihn mäßig trinkt. Was ist das für ein Leben, wenn man keinen Wein hat, der doch von Anfang an zur Freude geschaffen wurde? Frohsinn, Wonne und Lust bringt Wein, zur rechten Zeit und genügsam getrunken. Kopfweh, Hohn und Schimpf bringt Wein, getrunken in Erregung und Zorn. Zu viel Wein ist ein Falle für den Toren, er schwächt die Kraft und schlägt viele Wunden.”
Nach der Logik der Frage, dürfte man kein Messer gebrauchen, weil die falsche Verwendung eines Messers zu viel Unheil führen kann, usw. Es geht in der christlichen Ethik bei solchen Fragen nur um das Einhalten des rechten Maßes.Allgemeiner gesprochen gilt: “Für die sittliche Bewertung des Umgangs mit Medikamenten, Alkohol und Drogen, dass manche Genußmittel zur Förderung der Geselligkeit dienen und dass manche Drogen zur ärtzlichen Behandlung von Kranken angewandt werden. In dem Maße jedoch, wie bestimmte Mittel denjenigen, der sie als Rauschmittel einnimmt, in einen Zustand versetzen, in dem er nicht Herr über seine geistigen Fähigkeiten ist, ist ihr Genuss verwerflich. Auch bei Mitteln, die seelisch oder körperlich abhängig machen und zur Schwächung und Zerstörung der sittlichen Persönlichkeit und ihrer Freiheit führt, ist der Genuss oder die Anwendung sittlich nicht vertretbar. Es gehört zu den Voraussetzungen der Sinnerfüllung des Lebens, dass sich jeder bemüht, seine eigenen Grenzen zu sehen und Maßhaltung oder Verzicht zu üben.” (Katholischer Erwachsenen Katechismus. Bd. 2: Leben aus dem Glauben (Freiburg: Herder, 1995), S. 278.)