German
English
Turkish
French
Italian
Spanish
Russian
Indonesian
Urdu
Arabic
Persian
Home     BIBEL- UND KORANSTELLEN     FRAGENÜBERSICHT     Literatur     IMPRESSUM

Frage 252:

Frage 253: Ein Freund von mir hat mich nach der Entstehung des Christentums gefragt. Leider habe ich ihm keine Antwort gegeben, da ich keine Ahnung habe. Können Sie diese Frage beantworten? Wieder ein anderer Freund fragte mich nach der Herkunft des Evangeliums (indschīl). Außerdem fragte er auch, warum im ersten Kapitel des Buches Genesis nicht über die Herkunft Gottes geredet wird, sondern mehr über seine Schöpfung bzw. über Gott, der wirkt und schafft. Ich bitte um Ihre Erklärungen.

 

Antwort:

Die Frage beinhaltet drei Fragen

 

(1) Die Herkunft Gottes

 

Genährt von der Spiritualität der Bibel reden Christen Gott als Vater an. Jesus von Nazareth hat sie aufgefordert Gott mit diesem Namen anzusprechen. In der Nachfolge Jesu sprechen die Christen einen Gott mit Vater an, der der Geschichte fähig ist, der heilschaffend und rettend in die Geschichte eingreift. Bei aller Verschiedenheit zum Menschen ist Gott ihm doch in einem gleich: Er kann handeln.

Die Rede von einem Gott der handeln kann und der aus dem Nichts ins Dasein ruft, wird von vielen Menschen der heutigen Zeit als unglaubwürdig betrachtet. Die Naturwissenschaften der Neuzeit haben den Menschen mehr und mehr mit den unermesslichen Tiefen und Weiten des Alls vertraut gemacht. So besteht bei diesen Menschen der Verdacht, dass der Glaube an einen personalen Gott, der die Welt aus dem Nichts ins Dasein ruft, mythologischen Vorstellungen geschuldet ist, die der Vergangenheit angehören.

Der Bibel setzt die glaubend-wissende Überzeugung davon voraus, dass es einen ursprungslosen Ursprung von allem gibt und stellt ihn nicht in Frage. Sie erinnert z.B. in den Schöpfungsberichten oder Schöpfungstheologien zwar an die Schöpfermacht Gottes. Dabei geht es ihr jedoch darum, dem Menschen den guten Ursprung der Schöpfung zu verkünden und sie aufzufordern, an dem Gott festzuhalten, der allein Ordnung in das Chaos der Welterfahrung bringen kann. Frühe Lehrer der Kirche, wie z.B. Irenäus von Lyon (c. 130 – c. 200) weiten die Vorstellung von Gott aus. Der Gott des Glaubens der Bibel, der Gott, den Jesus als einen Vater anredet und verkündet, ist der einzige. „Und als dieser einzige Gott ist er zugleich der Ursprung von allem; er ist nicht nur die alles bewahrende, sondern auch die alles aus dem Nichts ursprünglich begründende Wirklichkeit“. (siehe diese Zitat und zum Gesamt der Antwort Magnus Striet in: Katholische Glaubensfibel, hg. Von Walter Fürst und Jürgen Werbick [Rheinbach: CMZ-Verlag, 2044], S. 69) „In dieser Weise menschlich von Gott zu reden, ihn konsequent als den freien Ursprung alles Wirklichen zu glauben, m uss nicht heißen, vergangenen Weltbildern aufzusitzen, sondern heißt zunächst einmal, die Hoffnung nicht aufzugeben. Und solange das Gegenteil nicht bewiesen werden kann, ist die Wette auf diesen Gott zu riskieren als die menschlichere Alternative. Denn die andere lautet, bereits jetzt alles, das Gelungene und das Nichtgelungene, dem Vergessen auszuliefern.“ (ebd., S. 71)

 

(2) Die Entstehung des Christentums

 

„Für jede religiöse Bewegung beginnt eine kritische Phase, wenn ihr Gründer abtritt und die erste Generation der Augen- und Ohrenzeugen nicht mehr da ist. In der Urkirche wurde sie dadurch verschärft, dass Jesus nicht geregelt hatte, in welcher organisatorischen Form seine Anhänger auf seine Wiederkunft warten sollten, weder in der horizontalen Ebene des Nebeneinanders bestimmter Ämter oder Dienste, noch in der vertikalen Linie der Über- und Unterordnung, des Führens und Geführtwerdens. Paulus hatte gehofft, der Heilige Geist würde bei Bedarf alle Begabungen wecken, die für das Leben einer Gemeinde erforderlich sind, die Charismen zu leiten, zu lehren und zu versöhnen (vgl. 1 Kor 12,28), bis zur Wiederkunft des Herrn, die man in naher Zukunft erwartete. Doch als die Zeit verging, einander widersprechende Lehren auftauchten und Gemeindespaltungen drohten, wurde es überlebenswichtig: 1. das Glaubensfundament durch Heilige Schrift und Kanon zu sichern und 2. die Leitung der Gemeinde durch Ämter zu regeln. Hinsichtlich der Ämter ergaben sich ebenfalls zwei Probleme: Wie sollten sie organsiert und wie konnten sie legitimiert werden?

Da von Jesus her nur vorgegeben war, dass die Amtsträger sich nicht auf Macht und Wissen berufen dürfen (vgl. Mt 23,1.12), übernahmen die Gemeinden unbefangen Vorbilder und Bezeichnungen sowohl aus der palästinensischen Synagogenverfassung (Älteste; Presbyter) als auch aus der Organisation hellenistischer Kultvereine (Episkopen bzw. Bischöfe und Diakone). Es entstand ein Leitungs- und Dienstamt, das alle die Funktionen und Aufgaben erfüllen konnte, die für Bestand und Mission der Kirche notwendig waren. Die Feier der Gottesdienste, Spendung der Sakramente, Verkündigung und Bewahrung der Lehre sowie die Leitung und karitative Versorgung der Gemeinde. Knapp zwei Generationen nach Jesus und den Aposteln, spätestens um die Mitte des 2. Jahrhunderts, ist die Ausbildung des dreigestuften Amtes abgeschlossen. Um diese Zeit besaß die Gemeinde einer jeden Stadt einen einzigen Bischof, daneben Presbyter und Diakone. Und niemand zweifelte daran, dass diese Ordnung richtig war, den Willen Gottes entsprach und mit der Apostolischen Tradition übereinstimmte. Was später – sieht man einmal von Petrusamt, Papst und Primat ab – an Differenzierungen noch folgte, Kardinäle und Erzbischöfe, Protonotare und Prälaten, Erzpriester und Archidiakone und alle die Schattierungen, welche die kirchliche Hierarchie so farbenprächtig machen, ist im Vergleich damit unerheblich.[…]

„Über die Entstehung und Entfaltung der kirchlichen Ämter besteht konfessionsübergreifend historische Einmütigkeit. Strittig ist, wie die Entwicklung zu beurteilen ist: Legitime Entfaltung oder Abfall von der im Wesen der Kirche beschlossenen Kernstruktur? Die Antwort ist nicht mehr historisch zu begründen, sondern verlangt eine dogmatische Entscheidung, die auf einer Glaubensentscheidung darüber beruht, ob man die Entwicklung der Kirche vom Jüngerkreis bis zur heutigen Papst- und Bischofskirche als von Gott gewollte und vom Heiligen Geist gewirkt ansieht oder nicht, ebenso welche Verbindlichkeit man der kirchlichen Tradition zuerkennt, besonders wenn sie – wie im Fall der Ämter – in spätere Konzilsentscheidungen eingegangen ist.“ (aus: Ernst Dassmann, „Bischöfe – Presbyter – Diakone“ in: Walter Fürst & Jürgen Werbick (Hg.), Katholische Glaubensfibel. D-53359 Rheinbach: CMZ-Verlag, 2004. S. 118-119.121)

 

(3) Die Herkunft des Evangeliums

„Die ersten vier Bücher des Neuen Testaments sind unter der Bezeichnung Evangelium oder injil bekannt. Christen glauben, dass der Messias selbst das Evangelium ist […] Es ist wichtig zu wissen, dass das Evangelium der Bericht über das Leben und die Lehre von Jesus dem Messias ist. Es enthält sowohl sein Leben als auch seine Lehren, weil er selbst das Evangelium ist. Die Offenbarung, wer der Messias ist und was er tut, ist ebenso wichtig wie die Offenbarung durch seine Lehren und Predigten. Folglich ist das geschriebene Evangelium eine Darstellung des Messias.

Dieses Evangelium, das der Messias selbst ist, wurde von den Menschen gesehen. Diejenigen, die dem Messias am nächsten standen, würden Jünger genannt. Einige dieser Jünger wurden zu Aposteln Gottes. Diese Apostel waren Augenzeugen des Evangeliums. Sie hatten mit dem Messias gelebt und waren um ihn herum gewesen. Sie kannten ihn persönlich. Nach dem Tod und der Auferstehung des Messias inspirierte Gott die Apostel aufzuschreiben, was sie gehört und gesehen hatten. Die Berichte von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes wurden in vier Büchern niedergeschrieben. Jedes Buch ist ein apostolisches Zeugnis, das über Jesus, den Messias berichtet. Dieser zeugnishafte Aspekt dieser Evangelien wird in den Anfangsversen des Evangeliums, wie es von Lukas aufgeschrieben wurde, auf schöne Weise bekräftigt:

„Schon viele haben versucht, die Ereignisse zusammenhängend darzustellen, die Gott unter uns geschehen ließ und mit denen er seine Zusagen eingelöst hat. Diese Ereignisse sind uns überliefert in den Berichten der Augenzeugen, die von Anfang an alles miterlebt hatten und die den Auftrag erhielten, die Botschaft Gottes weiterzugeben. So habe auch ich mich dazu entschlossen, all diesen Überlieferungen bis hin zu den ersten Anfängen sorgfältig nachzugehen und sie für Dich, verehrter Theophilus, in der rechten Ordnung und Abfolge niederzuschreiben. Du sollst dadurch die Zuverlässigkeit der Lehre erkennen, in der du unterwiesenwurdest. (Lukas 1,1-4)“

(David W. Shenk in: Badru D. Kateregga/David W.Shenk, Woran ich glaube. Ein Muslim und ein Christ im Gespräch. Schwarzenfeld: Neufeld Verlag, 2005, S. 171f.)

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

Mehr zu den Autoren?