Frage 103:
Warum wurde das Christentum in Europa verbreitet, obwohl es im Nahen Osten entstanden ist?
Antwort:
Das Evangelium nach Matthäus schließt mit dem universalen Sendungsauftrag des Auferstandenen an die elf Jünger: „Da trat Jesus auf sie zu und sagte zu ihnen: Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.“ (Mt 28,18-20).
Im Gehorsam gegenüber diesem Auftrag haben die Apostel und die ersten Generationen von Christen ihren Glauben in alle Himmelsrichtungen getragen. Sehr früh entstanden in Asien, Afrika und Europa christliche Gemeinden und Kirchen. Bis zur Zeit der rapiden Ausbreitung der islamischen Herrschaft lag der Schwerpunkt der christlichen Welt im Mittelmeerraum, inklusive Nordafrika, sowie im Nahen und Mittleren Osten. Nicht wenige christliche Gemeinden und Kirchen kamen durch die Ausbreitung der Herrschaft muslimischer Dynastien unter die Herrschaft von Muslimen und wurden zu dhimmi-s (Schutzbefohlenen) des Islam. Aus christlichen Mehrheiten wurden allmählich christliche Minderheiten. Die Zahl der Christen in Ländern mit muslimischen Mehrheiten nahm ständig und oft dramatisch ab. Auf viele Jahrhunderte hin verschob sich das Schwergewicht des Christentums nach West- und Ostereuopa, von wo aus es sich seit dem 15. Jahrhundert in andere Teile der Welt ausbreitete.
Heute ist das Christentum in allen sechs Kontinenten präsent, also weltweit verbreitet. Die Mehrheit der Christen lebt auf der südlichen Halbkugel, in Lateinamerika, Afrika und Ozeanien. Während das europäisch-abendländische Christentum zahlenmäßig ständig abnimmt, wächst die Zahl der Christen auf der südlichen Hemisphäre zunehmend. Damit ändert sich das Gesicht des Christentums auf Weltebene entscheidend und in zunehmendem Maß.