Frage 144:
Was denken Sie über interreligiösen Dialog?
Antwort:
Interreligiöser Dialog ist eine Begegnung von Gläubigen verschiedener Religionen in einem Klima der Freiheit und Offenheit. Es ist der Versuch, dem anderen zuzuhören und seine Religion zu verstehen – in der Hoffnung, Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu finden. Der Dialog ist getragen von der Hoffnung, dass der Partner diese Anliegen teilt und erwidert. Echter Dialog ist ja keine Einbahnstraße, sondern ein wechselseitiges Geschehen, das von allen Offenheit und Hören sowie aktives Einbringen verlangt.“ Francis Arinze, Begegnung mit Menschen anderen Glaubens (München/Zürich/Wien, 1999), S. 10.
Von kapitaler Bedeutung für jeglichen Dialog ist Zuhören. Es ist auch das Schwerste. Gelingen kann es nur, wenn ich den anderen wertschätze, wenn ich seine oder ihre Glaubensüberzeugungen, Beten, Lebensweise achte und tiefer kennen lernen möchte – und wenn ich überzeugt bin, dass es sich lohnt, Zeit darauf zu verwenden. Die beste „vertrauensbildende Maßnahme“ ist oft bloß die Bereitschaft zum Hören, das Bemühen, einander zu verstehen und nachzufragen, wenn etwas unklar geblieben ist. Das Bemühen um Verstehen im Dialog übersteigt die Methode des Verstehens von Texten, weil das Gegenüber lebendig da ist und so sich ein lebendiger, unvorhersehbarer Prozess des Fragens und Antwortens entwickeln kann. Dieser Prozess des Fragens und Antwortens erlaubt jeder Seite kritisches Nachfragen und das Bemühen um eine möglichst verständliche Darstellung der eigenen Überzeugungen und Glaubenssicht.
Ein wichtiges Dokument des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog unterscheidet folgende Weisen und Ebenen des Dialogs:
- den Dialog des Lebens
- den Dialog des Handelns
- den Dialog des theologischen Austauschs
- den Dialog der geistlichen Erfahrung.
Der interreligiöse Dialog als Teil der Sendung der Kirche entbindet sie freilich nicht von ihrem Auftrag, die Botschaft des Evangeliums allen Völkern zu verkünden. Eine von Respekt und Erfurcht nichtchristlichen Religionen gegenüber getragene Haltung ist die menschliche Voraussetzung für eine vertrauensvolle Kommunikation. Seitdem die Kirche auf den II. Vatikanischen Konzil formell erklärt hat, dass sie „nichts von all dem“ ablehne, „was in den Religionen wahr und heilig ist“, hat sie nicht nur ihre Dialogbereitschaft signalisiert, sondern zugleich auf jene gläubige Offenheit für Transzendenzerfahrung als gemeinsame Basis für einen Dialog hingewiesen, die jeder theologischen Glaubensreflexion und -artikulation vorausliegt. Beide Momente – Dialog und Mission – sind unverzichtbare, auf einander bezogene und einander prägende Elemente des Sendungsauftrags der Kirche.