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Frage 27:

“Seitdem ich die Bibel zu lesen begann, beschäftigt mich diese Frage: Wie kann es möglich sein, was im Alten Testament selbst erzählt wird, nämlich, dass die Töchter des Lot ihren Vater betrunken machen und mit ihm schlafen und Kinder empfangen? Oder gibt es eine andere Erklärung für dieses Ereignis?

Bei der Erklärung, warum die Töchter zu dieser Tat schreiten mussten, wird darauf hingewiesen, dass sich in der Stadt keine zeugungsfähigen Männer mehr befunden hätten. Allerdings wird auch berichtet, dass nach der Zerstörung von Sodom und Gomorra Abraham den aus den niedergebrannten Städten aufsteigenden Rauch gesehen habe. Warum haben dann die Töchter Lots diese so eindeutig hässliche Sünde begangen? Und wie kann ein Prophet in eine so hässliche Sünde verwickelt sein?”

 

Antwort:

Der Biblische Text, den der Fragende anspricht, ist Genesis 19:30-38 (In der Jerusalemer Bibel überschrieben: Ursprung der Moabiter und Ammoniter)

 

a. Es handelt sich, literaturhistorisch gesprochen, um einen Anhang an den Text des Buches Genesis, der vielleicht einer Überlieferung der Moabiter und der Ammoniter, vgl. Numeri 20:23 ff., die sich eine solche Abkunft zur Ehre anrechnen konnten, vgl. Genesis 38. Wie Tamar (vgl. Genesis 38, 1 Chronik 2:4 und Matthäus 1:3) werden die Töchter Lots im Text nicht als unzüchtig dargestellt; sie wollen sich vor allem Nachkommenschaft, also Fortbestand ihres Geschlechts sichern. Dies scheint in den Augen des Textes legitim zu sein. Vers 31 setzt voraus, dass Lot und seine Töchter die einzigen Überlebenden der Katastrophe sind. Die Geschichte von Sodom, das wegen der Sünde seiner Bewohner zerstört wurde, kann ursprünglich eine ostjordanische Parallele zur Sintfluterzählung gewesen sein.

 

b. Die Bibel, ganz im Unterschied zum Koran, zeichnet die Erfahrungen auf, die Menschen in langer Geschichte mit Gott und seiner Offenbarung in Wort und Tat gemacht haben. Ferner gibt sie Zeugnis von dem Lernprozess des Volkes Israel hinsichtlich der Wahrheit über Gott, den Menschen und die Beziehungen zwischen Gott und Mensch. So versteht es sich, dass die Bibel auch die größten Persönlichkeiten der biblischen Geschichte, einschließlich Patriarchen und Propheten als mit Schwächen und Sünden behaftete Menschen darstellt. Dahinter steht der Glaube, dass Gottes Güte und Barmherzigkeit mächtiger als die Schwächen und Sünden der Menschen ist. Gott verwirklicht seine Pläne trotz und mittels der schwachen und sündigen Menschheit. Folglich gibt es in der christlichen Theologie auch keine Lehre von der Sündlosigkeit der Propheten. Um nur ein Beispiel zu geben: Die Bibel stellt Davids schwere Sünde im Zusammenhang mit Urija und Batseba eingehend dar (2 Samuel: 11). Allerdings berichtet sie dann auch von Davids persönlicher und öffentlicher Reue und Wiedergutmachung. Psalm 51, der bekannteste der Bußpsalmen, wird David zugeschrieben.

 

Nur Jesus von Nazareth, der Christus, der Sohn Gottes, war nach dem Zeugnis des Neuen Testaments ohne Sünde. (Bezeichnend ist die Tradition bei Muslim, Sahïh (Fad?’il, 146: „Es gibt keinen unter den Geborenen den Satan nicht gestochen hätte, mit der Ausnahme von Jesus, dem Sohn Mariens.“) Außerdem war Maria, die Mutter Jesu, „voll der Gnade“ (Lukas 1:28), weil sie aufgrund von Gottes unergündlicher Erwählung Gnade bei ihm gefunden hat und weil sie sich im Glauben ganz auf Gottes Ruf eingelassen hat, ganz von der Liebe und Gnade Gottes umfangen, die uns in und durch Jesus Christus offenbart worden ist. Maria war nach der Lehre der katholischen und der orthodoxen Kirche auch in ihrem späteren Leben ganz ohne persönliche Sünde. Sie ist, wie die Ostkirche sagt, „Ganz-Heilige“. Ganz, d.h. von allem Anfang an und in allen Dimensionen.

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

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