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Die Heilige Eucharistie

I. Muslime fragen

  • Wie betet ihr? Wie verrichtet ihr eure christlichen Gebete (salât, namâz)? Warum betet ihr mit Brot und Wein (oder, was ist diese runde, weiße Scheibe und dieser Kelch)? Ihr betet mit Wein! Harâm, Gott verbietet in seinem Gesetz doch den Genuss von Wein!
  • Glaubt ihr wirklich, dass Gott gegenwärtig ist in diesem Brot und Wein? Dass Brot und Wein Gott selbst werden? Ihr ‚esst‘ Gott?
  • Was befindet sich in diesem Kasten auf oder hinter dem Altar? Warum lasst ihr eine Lampe brennen am Altar? Was ist der Unterschied zwischen der Eucharistiefeier in einer großen Kirche am Sonntag und Eucharistiefeiern an Wochentagen in einer kleineren Kirche oder Kapelle?

 

II. Muslimische Sicht

 

Allgemein

 

1. Rituelles Gebet (salât), das aus aufeinanderfolgenden Körperhaltungen und genau vorgeschriebenen Gebetsformeln besteht, ist etwas anderes als spontanes (Bitt)gebet (du’â), ohne Ritus und vorgeschriebene Formeln.

 

2. Die Betonung der Transzendenz Gottes führt zu einer strikten Zurückweisung jeglicher Idee des Innewohnens oder der „Infusion“ Gottes (hulûl)(38) in seinen Kreaturen, besonders in materiellen Kreaturen wie Brot und Wein. Einen besonderen „Skandal“ stellt der Gebrauch von Wein dar, der vom Koran her im Islam als ganzem verboten ist.

 

3. Muslime weisen verständlicherweise eine missverständliche – ja sogar ausgesprochen falsche – Begrifflichkeit und Ausdrucksweise zurück, die eine bestimmte christliche Tradition entwickelt hat und weiterträgt. Dazu gehört die Irrlehre der „Impanation“ (Brotwerdung Gottes): „Jesus, oder Gott, ist dieses Brot“. Dieser Irrtum wird verstärkt durch ein (falsches) Verständnis der Lehre von der „Transsubstantiation“. Unter „Substanz“ versteht man heute allgemein eine Sache unter ihrem konkreten, erfahrbaren und materiellen Aspekt. Eine Wandlung der „Substanz“ des Brotes in den Leib Christi wird bei dieser Begriffserklärung schlicht unsinnig; denn die konkrete, erfahrbare Materie des Brotes bleibt auch in der Eucharistie unverändert. Unter diesen Voraussetzungen lehnt man die katholische Lehre von der Transsubstantiation verständlicherweise ab (wobei allerdings der eigentliche Sinn dieser Lehre verkannt wird; denn nach dieser Lehre meint Substanz die metaphysische Wirklichkeit des Brotes). Alle konkret erfahrbare Wirklichkeit würde als Akzidenz oder Spezies bezeichnet; und in diesem Bereich der Akzidenzen findet in der Eucharistie keine Veränderung oder Wandlung des Brotes statt. Gerade dies wollte man mit der Transsubstantiationslehre festhalten.

 

Auf Ablehnung stoßen ferner „magische“ Auffassungen des Sakramentes sowie die Vorstellung, nach der die Worte des Priesters die Kraft haben, ein Ding automatisch in ein anderes Ding zu verwandeln.

 

Im Einzelnen

 

1. Der Koran und die gesamte muslimische Tradition beschreiben Christen als Leute, die beten, was immer auch die Irrtümer ihrer Lehre sein mögen. Das betrifft besonders das Mönchtum (rahbâniyya), ein Wort, das alle Männer und Frauen bezeichnet, die sich vor allem dem Gebet widmen (s. Sure 5,82; 24,36–37; 57 u. a.).

 

„Du wirst sicherlich finden, dass unter allen Menschen die Juden und die Götzendiener die erbittertsten Gegner der Gläubigen sind. Und du wirst zweifellos finden, dass die, welche sagen: ,Wir sind Christen‘, den Gläubigen am freundlichsten gegenüberstehen. Dies, weil unter ihnen Gottesgelehrte und Mönche sind und weil sie nicht hoffärtig sind“ (Sure 5, 82).

 

2. Die christliche Einsiedelei bzw. das christliche Kloster stellte in koranischen Zeiten und in den frühen Jahrhunderten der islamischen Geschichte einen integralen Bestandteil der traditionellen Landschaft in weiten Teilen der muslimischen Welt dar. Ferner sind Kirchen, Klerus und Gottesdienst in den islamischen Gesellschaften stets durch ein besonderes Statut beschützt gewesen.

 

3. Der Koran enthält in der Sure Al-Mâ’ida (5,112–115) eine unmissverständliche Anspielung auf die Eucharistie.

 

„Als die Jünger sprachen: ,O Jesus, Sohn der Maria, ist dein Herr imstande, uns einen Tisch mit Speise vom Himmel herabzusenden?‘, sprach er: ,Fürchtet Allah, wenn ihr Gläubige seid.‘Sie sprachen: ,Wir begehren davon zu essen, und unsere Herzen sollen in Frieden sein, und wir wollen wissen, dass du in Wahrheit zu uns gesprochen hast, und wollen selbst davon Zeugen sein.‘Da sprach Jesus, Sohn der Maria: ,O Allah, unser Herr, sende uns einen Tisch vom Himmel herab, mit Speise, das er ein Fest für uns sei, für den Ersten von uns und für den Letzten von uns, und ein Zeichen von Dir; und gib uns Versorgung, denn Du bist der beste Versorger.‘ Allah sprach: ,Siehe, ich will ihn niedersenden zu euch; wer von euch aber danach undankbar wird, den werde ich strafen mit einer Strafe, womit ich keinen anderen in der Welt strafen werde.‘“

 

Obwohl einige Kommentatoren des Korans in diesem Vers eine Anspielung auf die Brotvermehrung und die Vision des Petrus in Jaffa (Apg 10,9ff: das Leintuch angefüllt mit (rituell) unreinen Tieren, das auf die Erde herabgelassen wird und davon zu essen Petrus aufgefordert wird) sehen, erkennen alle an, dass es hauptsächlich eine Anspielung auf die Eucharistie darstellt. Die Apostel Jesu bitten ihn, vom Himmel eine mâ’ida, einen Tisch gedeckt für ein Mahl, herabzubringen, um sie zu überzeugen, dass er wirklich von Gott gesandt ist. Jesus bittet dann seinerseits Gott darum, und dieser verspricht, die Bitte zu erfüllen. Man stellt in diesem Text fest, dass die mâ’ida ein Geschenk vom Himmel ist (V. 112), dass es ein Fest (’îd) sein wird, wobei der arabische Begriff sich auf ein regelmäßig wiederkehrendes Fest bezieht (mögliche Anspielung auf Ostern und auf jeden Sonntag), ein Fest bis zum Ende der Zeit („für die Ersten und die Letzten“) und dass es „tiefen Frieden“ (tuma’nîna, V. 113) den Herzen jener bringen wird, die an ihm teilnehmen, dass diese Letzteren „Zeugnis davon ablegen“ müssen (V. 113), aber dass diejenigen, die ungläubig sind, nachdem sie diese mâ’ida empfangen haben, streng bestraft werden (vgl. 1 Kor 11,28–33).

 

III. Christliche Sicht

 

Die Eucharistie ist von frühester Zeit an der zentrale Gottesdienst der Kirche. In ihr wird das Gedächtnis des Lebens, des Todes und der Auferstehung Jesu Christi gefeiert. Jesus Christus – so ist es der Glaube der Christen – lebt als der von den Toten Auferstandene in Gott und so bleibt er auch der Kirche immer nahe: „Seid gewiss: ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Bei der Eucharistiefeier versammelt sich die christliche Gemeinde und weiß Jesus Christus in ihrer Mitte gegenwärtig – entsprechend dem überlieferten Wort Jesu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (Mt 28,20). Die Gemeinde betet und hört Gottes Wort, wie es in der Heiligen Schrift mitgeteilt wird. Auch darin ist Christus, das Wort Gottes, gegenwärtig.

 

Dann vollzieht die Gemeinde das, was Jesus nach den Berichten des Neuen Testamentes bei seinem letzten Mahl am Abend vor seinem Leiden getan hat: Er hat über Brot und über den Kelch mit Wein das Dank- und Segensgebet gesprochen und dann im gebrochenen Brot und im dargereichten Wein sich selbst den Jüngern geschenkt. In den gesegneten Gaben von Brot und Wein teilt Jesus sich selbst mit als derjenige, der sich zur Erlösung und Befreiung der Menschen von Schuld und Unheil hingibt. Wenn die christliche Gemeinde zur Eucharistie (Danksagung) versammelt ist, feiert sie das Gedächtnis dieser Hingabe (dieses Opfers). Sie ist im Glauben überzeugt, dass Jesus gegenwärtig ist und dass er sich selbst auch jetzt, wenn über Brot und Wein das Dank- und Segensgebet gesprochen ist, den Gläubigen in den Mahlgaben schenkt. Jesus nimmt diejenigen, die dieses Gedächtnis mitfeiern und ihn in den Gaben empfangen, in sein vertrauensvolles Verhältnis zu Gott, seinem Vater, und in seine Hingabe für die Menschen hinein. So werden die Mitfeiernden selbst bei der Eucharistie verwandelt und in den „Leib Christi“ aufgenommen.

 

Brot und Wein werden bei diesem Geschehen in ihrer konkreten physischen, materiellen Wirklichkeit nicht verändert; die „Gestalt“ („species“, wie es in dogmatischer, lateinischer Formulierung heißt) von Brot und Wein bleibt ganz und gar erhalten. Aber Brot und Wein werden in einen neuen Bedeutungs- und Wirklichkeitszusammenhang aufgenommen: In ihnen schenkt der in Gott lebende Jesus Christus sich selbst. Brot und Wein erhalten so einen ganz neuen Sinn- und Bedeutungsgehalt. Dieser Gehalt wird ihnen von Jesus Christus selbst gegeben und ist in Gott selbst begründet. Weil aber eine Wirklichkeit das zutiefst ist, was sie vor Gott und von Gott her ist, muss man sagen, dass Brot und Wein in der Eucharistie in ihrer tiefsten Wirklichkeit gewandelt werden: Ihre tiefste Wirklichkeit ist jetzt, die Gegenwart Jesu Christi mitzuteilen. Damit ist auch das erläutert, was in der katholischen Dogmatik mit der Lehre von der Transsubstantiation (Wesensverwandlung) von Brot und Wein gemeint ist: Brot und Wein werden in ihrer tiefsten Wirklichkeit (in ihrer metaphysischen „Substanz“ oder ihrem Wesen) verwandelt; denn ihre tiefste Wirklichkeit ist jetzt nicht mehr, Nahrung und Genuss für das irdische Leben des Menschen zu sein, sondern die Gegenwart Jesu als Nahrung für das ewige Leben mitzuteilen (vgl. Joh 6). In ihrer physischen Dimension bleiben Brot und Wein unverändert. Jesus wird also nicht Brot und Wein in ihrer physischen Wirklichkeit. Er wird deshalb auch nicht zerkaut, wenn das Brot gegessen wird; er zwängt sich nicht in den kleinen Raum des Brotes; ihm wird kein Leid zugefügt, wenn das Brot gebrochen wird. Solche Vorstellungen sind mit der kirchlichen Lehre von der Eucharistie nicht vereinbar, sie widersprechen ihr.

 

IV. Christen antworten

 

1. Im Gespräch mit Muslimen, die mit dem Koran vertraut sind, wird es immer gut sein, von der Geschichte der ma’ida auszugehen: Wie es Jesus verlangt, versammeln wir uns um diese mâ’ida, welche Jesus uns als ein Andenken am Ende seines irdischen Lebens hinterlassen hat. Dabei kann der Christ durchaus auch das Leiden und den Tod Jesu am Kreuz erwähnen, wohl wissend, dass der Koran in der Auslegung fast aller Muslime diesen Tod explizit verneint.(39)

 

2. Bei der Eucharistiefeier werden Brot und Wein verwendet, weil Jesus selbst beim letzten Abendmahl diese Nahrungsmittel als Ausdruck seiner Selbsthingabe verteilt hat. Brot und Wein gehörten im Volk Israel zu den Grundnahrungsmitteln. Das Brechen des Brotes und die Segnung des Bechers mit Wein waren beim (festlichen) Mahl hervorgehobene, bedeutungsvolle Riten. Daran konnte Jesus anknüpfen. In Treue zu ihrem geschichtlichen Ursprung hat auch die Kirche bei der Eucharistiefeier Brot und Wein verwendet. Die Riten und Formen haben sich im Einzelnen durchaus gewandelt. So wurden anstelle des Brotes, das bei der Feier gebrochen und ausgeteilt wurde, später teilweise Oblaten (Hostien) gebraucht, die in ihrer äußeren Gestalt kaum noch als Brot erkennbar waren. Heute bemüht man sich, Hostien zu nehmen, die wieder deutlicher als Brot wahrzunehmen sind. – Wein war in Israel ein übliches erlaubtes Getränk. Wein ist Gabe Gottes und erfreut das Herz des Menschen (Ps 104,15). Beim erwarteten endzeitlichen Festmahl, das für alle Völker bereitet wird, werden beste und erlesene Weine gereicht (Jes 25,6). In der Eucharistie ist die Hoffnung auf diese endzeitliche Vollendung im Reich Gottes lebendig; deshalb wird auch hier von der Frucht des Weinstocks getrunken (vgl. Mk 14,25). Wein wird aber nur gewonnen, wenn zuvor die Trauben in der Kelter gestampft werden (vgl. Jes 16,10). Gerade deshalb kann Jesus auch im Darreichen des Kelches mit Wein seine Lebenshingabe für die Menschen ausdrücken und mitteilen. Beim Empfang der Eucharistie (Kommunion) wird den Glaubenden diese Hingabe und in ihr die versöhnende, lebenspendende Liebe Gottes geschenkt. Auf diese geistliche Speise kommt es an.

 

3. Der Glaube an die Gegenwart Jesu Christi in der Eucharistie ist eng verbunden mit dem Glauben an die Menschwerdung Gottes (Inkarnation) in Jesus Christus. Im Menschen Jesus, in seiner Hingabe für die Vielen ist Gott in der Welt gegenwärtig und offenbart sich vorbehaltlos und definitiv als versöhnende Liebe. „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich“ (2 Kor 6,19). Jesus lebt aber seinerseits auch ganz in Gott und ist in seinem Sterben in Gottes Leben aufgenommen (Auferstehung, Verherrlichung). In Gott lebend ist er der Welt gegenwärtig. Wir können ihm daher überall begegnen, überall zu ihm beten und auf ihn hören. Jedoch gibt es unterschiedliche Weisen, wie er seine Gegenwart mitteilt (so wie ein Mensch seine Gegenwart einem anderen in unterschiedlicher Weise zeigen kann: im Sprechen, in Gesten und Tätigkeiten oder auch in einem einfachen erfüllten Schweigen …). Die Eucharistie ist eine privilegierte Weise, wie Christus gegenwärtig ist: Er teilt sich in den konkret wahrnehmbaren, ‚einzuverleibenden‘ Gaben von Brot und Wein mit, um so eine tiefe und innige geistliche Gemeinschaft mit und unter den Gläubigen zu begründen. Aus dieser Gemeinschaft lebt die Kirche.

 

4. Das Brot und der Wein, über denen in der Eucharistiefeier das Dank- und Segensgebet gesprochen worden ist und in denen Christus als gegenwärtig geglaubt wird, sind dazu bestimmt, zum Essen und Trinken gereicht zu werden. Dies geschieht gewöhnlich in der Feier selbst (Kommunion). Jedoch wird von früher Zeit an ein Teil des gesegneten, geweihten Brotes aufbewahrt, um zu kranken, behinderten und alten Menschen, die nicht am Gottesdienst selbst teilnehmen können, gebracht zu werden, damit auch sie so an der eucharistischen Feier teilhaben. Da nach katholischem Glauben Christus in den Gestalten des Brotes gegenwärtig ist und bleibt, wird das eucharistische Brot auch nach der Feier ehrfürchtig behandelt. Es wird an einem würdigen Ort in einem so genannten Tabernakel aufbewahrt. Der Ort der Aufbewahrung wird durch ein brennendes Licht (Öllampe, Kerze …) kenntlich gemacht. Christus, der im Brot gegenwärtig ist, wird durch bestimmte Zeichen und Gesten (Verneigung, Kniebeugung …) verehrt. Dabei wird nicht die materielle Gestalt des Brotes angebetet. Die Anbetung richtet sich auf Christus selbst. Solche Formen eucharistischer Verehrung müssen rückgebunden und bezogen bleiben auf die Eucharistiefeier selbst: auf das Dank- und Segensgebet und die Kommunion in der versammelten Gemeinde.

 

5. Die Eucharistie und alle liturgischen Handlungen können in Räumen verschiedener Art und Größe gefeiert werden (Kirchen, Kapellen, Sälen …). An Sonntagen sind die Christen jedoch aufgerufen, soweit möglich sich zur Feier der Eucharistie in der jeweiligen Pfarrkirche zu versammeln.

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  • (38) Der arabische Begriff hulûl bedeutet in der Alltagssprache etwa: Absteigen, Einkehr; Herabsteigen, Hereinbrechen; Eintritt (einer Zeit). In der islamischen Mystik bezeichnet er das in der Seele des Menschen einwohnende Licht. Er ist von christlichen arabischen Autoren auch zur Übersetzung der Inkarnation, der Menschwerdung Gottes in Christus, verwandt worden. Der Text des christlichen Credo in arabischer Sprache verwendet dafür den Begriff tadschassud, wörtl. Körperhaftwerdung.
  • (39) Siehe oben, Anfrage 3.

Kontakt

J. Prof. Dr. T. Specker,
Prof. Dr. Christian W. Troll,

Kolleg Sankt Georgen
Offenbacher Landstr. 224
D-60599 Frankfurt
Mail: fragen[ät]antwortenanmuslime.com

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